Der 26-jährige Nachwuchsregisseur Adrian Goiginger hat beim 8. Österreichischen Filmpreis seinen Erfolgslauf mit „Die beste aller Welten“ fortgesetzt. Nachdem der Salzburger mit seinem autobiografischen Werk über eine Kindheit als Bub einer drogenkranken Mutter bereits über 80.000 Zuschauer ins Kino locken konnte, triumphierte er am Mittwochabend auch an der Preisfront mit fünf Auszeichnungen.
Das eigenwillige Debüt über ein so ungewohntes wie liebevolles Aufwachsen konnte in der Königskategorie Bester Film ebenso die Konkurrenz für sich entscheiden wie Goiginger die Sparten Regie und Drehbuch sowie Lukas Miko die der Nebendarsteller. Als beste Schauspielerin durfte schließlich Verena Altenberger die von VALIE EXPORT gestaltete Trophäe mit nach Hause nehmen. „Meine Rolle ist eine, die sich nicht über Äußerlichkeiten definiert, die nicht schön sein muss“, freute sich die 30-Jährige, die als drogenabhängige Mutter um ihren Sohn kämpft: „Und ich möchte mich bedanken für ein Set, das zu 100 Prozent angstfrei war und ohne Machtgefälle.“
Ebenfalls fünf Preise für sich reklamieren konnte der als Topfavorit ins Rennen gegangene Film „Licht“ von Regisseurin Barbara Albert. Von der Rekordzahl an 14 Nominierungen konnte die historische Biografie der blinden Pianistin Maria Theresia von Paradis mit Ausnahme von Nebendarstellerin Maresi Riegner „lediglich“ die technischen Kategorien Szenenbild, Maske, Kostüm und Kamera für sich entscheiden.
Das Erfolgstrio der meistprämierten Filme komplettierte „Untitled“, das letzte Werk des während des Drehs verstorbenen Michael Glawogger. Das von Cutterin Monika Willi finalisierte Projekt wurde als bester Dokumentarfilm, für den Schnitt, den Ton und die Musik geehrt. „Es war und bleibt hoffentlich die größte Herausforderung in meinem Leben“, erinnerte sich Willi an die Arbeit an dem Werk, das den Blick auf die Welt wirft.
Den einzigen Preis für „Die Blumen von gestern“ konnte der deutsche Schauspielstar Lars Eidinger einfahren, der als bester Darsteller gewürdigt wurde. „Ich habe es mein Leben lang erwartet – aber jetzt bin ich überrascht“, präsentierte sich der 42-Jährige ohne vorbereitete Rede: „Bei mir läuft es wirklich sehr gut – aber irgendwann war ich frustriert, weil ich immer, wenn ich meinen Smoking herausgeholt habe, alte Reden gefunden habe.“ Und schließlich konnte Regisseurin Clara Stern mit „Mathias“ noch das Kurzfilm-Tournament für sich reklamieren.
Insgesamt gestaltete sich bei allem Glanz und charmanten Glamour die Filmgala in Grafenegg heuer dezidiert politisch, ist und bleibt doch auch in der heimischen Filmbranche das Thema des Machtmissbrauchs und der sexuellen Belästigung auf der Agenda. So zog sich die von Hollywood ausgehende MeToo-Debatte als roter Faden durch den Abend. „Das ist kein trendiges Hashtag-Thema“, appellierte etwa „Licht“-Maskenbildnerin Helene Lange an Zivilcourage im Alltag, während von den beiden Co-Moderatoren Hilde Dalik und Christoph Grissemann der letzte offene Bademantel von Dieter Wedel und die Büropalme von Harvey Weinstein zur Versteigerung zugunsten der Frauenhäuser feilgeboten wurden.
Mit einem noch breiteren Fokus eröffnete das Führungsduo an der Spitze der Akademie des Österreichischen Films den Abend mit einem flammenden Plädoyer für die Offenheit und Empathie sowie für den Gang in die Welt, um bereichert zurückzukommen. „Die Essenz unserer Kunst ist Neugier“, so Oscar-Preisträger Stefan Ruzowitzky. „Wir müssen den Mund aufmachen“, schlug auch Co-Präsidentin Ursula Strauss in dieselbe Kerbe. Deshalb müsse man als Kunstschaffender und Mensch ungeachtet des politischen Windes offen sein und bleiben.
Erfolgsautorin Doris Knecht konstatierte in Bezug auf die klassische Austria/Australia-Verwechslung bedauernd: „Zur Zeit kommt man lieber aus dem Land mit den Kängurus als dem mit den Nazis.“ Dennoch lasse sie sich ihren Optimismus nicht nehmen: „Ich glaube, dass wir nicht nur in Österreich an einem Punkt in der Geschichte stehen, an dem es für die Frauen leichter und besser wird.“ Romane von Autorinnen würden nicht mehr nur als „Frauenliteratur“ gesehen, die Probleme, mit denen der weibliche Teil des Landes täglich konfrontiert sei, nicht als „Frauenprobleme“ abgetan.
Nebendarsteller-Sieger Lukas Miko nutzte seine Preisrede zu einem Appell in Erinnerung an die Debatten des vergangenen Jahres: „Wir waren nicht immer so respektvoll miteinander, wie wir das wünschen.“ Es seien Gräben entstanden, die es wieder zu überwinden gelte. Zugleich verlas der 46-Jährige unter stehenden Ovationen der gut 1.000 Anwesenden ein am Abend von 248 prominenten österreichischen Filmschaffenden veröffentlichtes Manifest unter dem Titel „Klappe auf“, in dem die Bundesregierung unter anderem zur Beendigung der Zusammenarbeit mit Burschenschaftern aufgefordert wird, zur Beendigung des Ausspielens verschiedener Gruppen und zum Respekt füreinander.
Insgesamt stand der von Regisseurin Mirjam Unger („Maikäfer flieg!“) im Raumschiffdesign gehaltene Abend unter dem Übermotto „Into the Future“ – was Co-Moderator Christoph Grissemann irritierte: „Wir sind hier in Niederösterreich – wäre da das Motto ‚Into the Past‘ nicht besser?“ Motto hin oder her, angesichts von 16 Kategorien sei ihm klar: „Wir zelebrieren hier die Langeweile. Aber jeder Langeweile wohnt auch ein Zauber inne – das wissen Sie, die mit dem österreichischen Film beschäftigt sind, am besten.“
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Bildquelle: APA/HANS PUNZ
Bildtitel: Adrian Goigingers Film überzeugte auf ganzer Linie
APA0000 2018-02-01/09:34
010934 Feb 18